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Planloses Stochern im Nebel: Niedersachsen würgt die Branche und verliert

Alles kann sich die Politik dann doch nicht erlauben. In Niedersachsen hatte Gesundheitsministerin Daniela Behrens (SPD) Clubs und Discotheken als Pandemietreiber ausgemacht. Das Land veränderte seine bestehende Coronaverordnung und verbot das Nightlife ab einer Inzidenz über 10, darunter nur mit Maske und halber Kapazität. Eine Katastrophe für viele Betreiber. „Eine derartige Veränderung der Verordnung und Schließung unserer Betriebe ohne belegbare Clusterfälle ist nicht zu akzeptieren und hat nichts mit faktenbasiertem Infektionsschutz zu tun“, protestiert der Unternehmerverband BDT, „eine Umfrage des Verbandes unter den niedersächsischen Discothekenbetreibern hat ergeben, dass die 3G-Regel und Kontaktnachverfolgung funktioniert und die Betriebe bei Einhaltung der Regeln keine Pamndemiebtreiber sind. Warum nun eine ganze Branche vom SPD-geführten Gesundheitsministerium derart denunziert und pauschal an den Pranger gestellt wird, entzieht sich unserer Kenntnis. Hygienekonzepte und die vom Land vorher erlassene Verordnung haben funktioniert. Eine alleinige Bewertungsgrund-
lage anhand von Inzidenzwerten für Coronaverordnungen ist im Übrigen veraltet und nicht mehr geeignet, derartige Eingriffe in Persönlichkeitsrechte und in die Wirtschaft vorzunehmen.“ Gleich mehrere Betreiber ließen das gerichtlich klären. Holger Bösch („Index“, Schüttorf), Frederik Heede („Alando Palais“, Osnabrück) und eine Shisha-Bar aus Delmenhorst strengten vor dem OVG Lüneburg ein Normenkontroll-
verfahren an, in dem die sofortige Rücknahme der neuen Verordnung gefordert wurde. „Das ist ein größerer Einschnitt als das, was in den eineinhalb Jahren vorher passiert ist“, regte sich Bösch auf. Clubchef Hendrik Teetz vom „Studio 21“ in Buxtehude, das wegen Umbaumaßnahmen noch gar nicht geöffnet hatten, schrieb auf Facebook: „Also mal wieder eine 180 Grad Kehrtwende. Die meisten Discotheken werden nun wieder schließen, denn ein Betrieb mit halber Auslastung und den hohen Auflagen macht einfach nullkommanull Sinn. … nun heißt es wieder Rückerstattung der bereits verkauften Eintrittskarten, Absagen aller gebuchten Künstler, ein abermaliges Vertrösten der Mitarbeiter, umsonst getätigte Werbungen und Aufwendungen zur Einhaltung aller Regeln usw.“ Doch es kam diesmal anders: Der Senat hatte ein Einsehen – deutlich und unmissverständlich. Die Schließung sei nicht als notwendige Schutzmaßnahme anzusehen. Spezielle Voraussetzungen für eine generelle Betriebsschließung lägen nicht vor. Das Land solle sich an die bisherigen Inzidenzbereiche (über 50, über 35, unter 35) halten. „Unterhalb einer 7-Tage-Inzidenz von 35 kämen bei der im Infektionsschutzgesetz vorgesehenen Staffelung lediglich allgemeine Regelungen, wie Test- und Maskenpflicht sowie die Kontaktdatenerhebung, äußerstenfalls Zugangsbeschränkungen in Betracht“, teilte das OVG mit. Holger Bösch frohlockte: „Das ist ein Meilenstein für die Branche.“ Er ist überzeugt, dass dadurch auch in allen anderen Bundesländern der Stein ins Rollen gebracht wird. Sein nächster Schritt: „Ich werde prüfen lassen, wer mir das letzte Wochenende bezahlt.“