35 Jahre „Joker“, Lingen

Ein gutes Gericht braucht gute Zutaten. Martin Timmer weiß das. Der gelernte Koch ist auch Inhaber des „Joker“ in Lingen. Der Tanzpalast mit vier Floors feierte jetzt das 35-jährige Bestehen. Das Erfolgskonzept heißt gut und günstig. Seit fünf Jahren steht Sohn Malte mit am Ruder und lenkt ebenfalls mit sicherer Hand und viel Herzblut die Geschicke der Discothek.

Ein gutes Gericht braucht gute Zutaten. Martin Timmer weiß das. Der gelernte Koch ist auch Inhaber des „Joker“ in Lingen. Der Tanzpalast mit vier Floors feierte jetzt das 35-jährige Bestehen. Das Erfolgskonzept heißt gut und günstig. Seit fünf Jahren steht Sohn Malte mit am Ruder und lenkt ebenfalls mit sicherer Hand und viel Herzblut die Geschicke der Discothek. Viel mehr geht kaum. Pünktlich zum 35-jährigen Bestehen des „Joker Nightlife“ in Lingen stand Martin Timmer auf einer ganz anderen Bühne und nahm im Rahmen der Club Convention in Osnabrück sichtlich gerührt den begehrten Branchen-Award, den BDT-Unternehmerpreis 2024, entgegen. „Das ist schon etwas Besonderes“, sagte er, „da fühlt man sich geehrt.“ Der 59-Jährige, der am Tag vor Heiligabend 60 Jahre alt wird, hat die Auszeichnung verdient. Sein Erfolgsgeheimnis in all den Jahren: „Unser Konzept heißt gut und günstig.“ Der Zustand des Betriebs: durchweg top, in ansprechend einheitlichem Design – eine der Discotheken, die sich auch schon bei Putzlicht sehen lassen kann. Seit dreieinhalb Jahrzehnten navigiert er geschickt die Discothek durch die Krisen der Zeit, die der Branche alles abfordern. Am Jubiläumswochenende feierten die Emsländer die Discothek mit einer Ravenight mit DJane Lunax als Highlight am Freitag und der Themennacht „90er vs. 2000er“ mit Tom Mountain alias Thomas Klingenberg am Samstag. Bis 0.35 Uhr lockte freier Eintritt, 35% Rabatt gab es auf alle Schnapsmeter und Flaschen plus Filler im Bottle-Cooler.

So fing alles an: Martin Timmer und Sohn Malte vor dem Gasthaus, in dem auch heute noch einmal im Jahr ein beliebtes Disco-Event veranstaltet wird.

Angefangen hat alles in der Hochzeit der Discotheken Ende der 80er-Jahre. Im elterlichen Gasthaus Timmer im Ortsteil Altenlingen hatten schon weit vorher Partys mit Live-Bands stattgefunden. Deren Musiker erzählten von den vielen Discotheken, die in Niedersachsen erfolgreich gestartet waren. Martin Timmer, sein Bruder Hermann und der Vater verstanden sofort, was im Markt passierte und sahen sich nach einem passenden Raum um. Wenige Autominuten entfernt im Industriegebiet Nord fanden sie eine alte Lagerhalle mit eigenen Parkplätzen, die sich bestens eignete. Natürlich wurden zunächst die neuen Tanztempel der weiteren Umgebung wie das „Mic Mic“ in Moisburg oder das „ta-töff“ in Bevern besucht, um Ideen zu sammeln. In einer Gaststätte in Emsbüren saßen sie zufällig am Nachbartisch, als Holger Bösch und seine Brüder über ihr neues Projekt, das „Index“ in Schüttorf, diskutierten und wussten: Jetzt muss Gas gegeben werden.

Am 6. Oktober 1989 ging die „Joker Musichall“ ans Partynetz – zunächst mit der heutigen Main-Area, die schon bald aus allen Nähten platzte. Vier Jahre später wurde der Rockbereich „Jolly“, in dem heute auch Technonächte stattfinden, angebaut. 1995 folgte das „Swing“ mit auffallend vielen Discokugeln an der Decke für die Schlagerfans. Wieder zwei Jahre danach wurde das Angebot mit dem „Black“ ergänzt, in dem heute die HipHop-Freunde auf ihre Kosten kommen. „Immer wenn wir wieder Geld hatten, haben wir erweitert“, erklärt Martin Timmer. Dazu kamen eine Pizzeria und eine Cocktailbar mit langem Tresen. Alle Nebenbereiche sind so gebaut, dass sie mit 150 bis 200 Personen bereits gut gefüllt wirken. 2017 entstand ein großer Außenbereich mit auffahrbarem Dach mit LED-Bestückung, zahlreichen Sitzmöbeln und Salitos Fässern. Der letzte Umbau geschah im letzten Sommer. In der Main-Area wurden Sitzbereiche und Theken umgestaltet und ein neuer Boden verlegt.  

Viele verschiedene Ebenen, viele Moving-Heads: der Mainfl oor mit echtem Arena-Charakter

Museumsreifes Detail in der Main ist heute ein wenige Stufen niedrigerer Barbereich hinter der DJ-Kanzel names „Genickschussbar“. Die hölzerne Theke hatte damals der Vater Hermann senior selbst gebaut. Das Areal gilt heute als kultiger Treffpunkt für die etwas älteren Nachtschwärmer, die dort vor allem mit Tequila der Marke Salitos und Sourz anstoßen. Ansonsten gehören Wodka-Longdrinks, Veterano-Cola, Berentzen-Korn-Cola sowie Veltins Biere und die Szeneflaschen Salitos Tequila und Ice zu den Lieblingen der Besucher. 

Thekenbau vom Großvater: In der „Genickschussbar“ hinter der DJ-Kanzel werden vor allem Shots geordert.

Haus- und Hof-Installateur ist seit Beginn die Firma FACE, anfangs noch unter den Legenden Heiner Feldhaus und Atze Schröder, neuerdings mit neuen Besitzern und neuem Sitz in Hille. Schon beim Start 1989 waren daher Soundsysteme von JBL das Maß aller Dinge. Mitte der 10er-Jahre wurden drei der vier Anlagen erneuert – wieder mit der Marke JBL, zusätzlich kam auch ein Basssystem von Eighteen Sound herein. Bei der Lightshow fallen die Lightline RGB-Laser und rund 30 Moving-Heads verschiedener Hersteller ins Auge. Auch fünf der fast historischen auf- und abfahrbaren FACE Scherenlifte mit Moving-Head-Bestückung versehen noch ihren Dienst. Hinterm DJ-Pult in der Main wurde eine drei mal fünf Meter große LED-Wall von Designgroup verbaut. Im Black-Bereich hängen dreidimensional einsetzbare LED-Stäbe von Jacek Krawczyk über dem Floor. Im vergangenen Sommer wurde zudem die vorhandene „grandMA“ durch eine „grandMA2“ ausgetauscht.

Rocknächte und Techno-Events: Von Freitag auf Samstag wechselt die Musikrichtung im „Jolly“.

Aus dem operativen Nachtgeschäft hat sich Martin Timmer in den letzten Jahren mehr und mehr zurückgezogen, ist aber bei vielen Entscheidungen nach wie vor involviert. Was sich in den 35 Jahren verändert hat, wollte discomagazin wissen. Martin Timmers Antwort ist eindeutig: „Alles!“ Seit rund fünf Jahren leitet sein Sohn Malte die Discothek. Nach seinem BWL-Studium mit einer Bachelor-Arbeit über die Chancen ländlicher Discotheken hat sich der 31-Jährige voller Herzblut der Aufgabe verschrieben.

Stimmung pur: Nicht nur bei Künstlerauftritten geht das Publikum so richtig mit.

Nach wie vor finden viele Mottopartys im „Joker“ statt. Früher wurden diese vor allem bei den Veranstaltern Lassow, GiL, Hagelmann und Bokelmann gebucht, heute planen Vater und Sohn die Konzepte meist selbst. Dazu gehören etwa das „ErnteFunkFest“, bei dem Gäste, die Mais mitbringen, freien Eintritt haben. In den Vorjahren hatten sich Bauern der Umgebung beschwert, dass dafür von ihren Feldern die Maiskolben stibitzt wurden. In diesem Jahr sollten die Gäste daher Maisdosen mitbringen. 300 türmen sich jetzt im Lager der Pizzeria auf. Ähnliches Spiel bei der Halloween-Party: Mit Kürbis in der Hand entfiel der Eintritt. Und bei der 2000er-Party „Millenium“ hagelte es Pokemon-Karten. „Aktionen, bei denen die Gäste Gegenstände mitbringen sollen, funktionieren bei uns richtig gut“, lacht Malte Timmer und verrät Überraschendes: Bei den 1-Euro-Partys, bei denen die Getränke bis 1 Uhr zum Sonderpreis angeboten werden, „haben wir die besten Gäste und die attraktivsten Frauen“.

Discokugeln und grellere Farben: die „Swing“-Zone für die Schlagerfans

Auch DJs und Live-Acts treten regelmäßig im „Joker“ auf. 1994, erinnert sich Martin Timmer, hatte er einmal, kurz bevor „Hyper hyper“ durch die Decke ging, zum Spottpreis von 1.000 DM Scooter gebucht – H.P. Baxter baute damals noch selbst mit auf. 2022 kam H.P. mit einem DJ erneut, die Disco war randvoll, der Preis hatte sich aber vervielfacht. Eingeschlagen hatte in der Vergangenheit auch Captain Hollywood, und für DJ Bobo wurde aus Zeitgründen Mitte der 90er-Jahre sogar ein Sonntag im Dezember geöffnet.

Chillen und genießen: die Cocktailbar mit langer Theke

Gesondert erwähnt werden muss auch der treue Resident-DJ, der seit 34 Jahren im „Joker“ auflegt und maßgeblich mit den Inhabern zusammen für die DJ- und Eventplanung zuständig ist. Tom Mountain alias Thomas Klingenberg hat internationale Erfahrung und stand schon auf Mallorca, in Polen und Österreich auf verschiedenen Kanzeln. Derzeit bringt er die Crowd noch zwei-, dreimal pro Monat in der Main-Area zum Tanzen

Stylisch und modern: Im Black-Bereich fallen vor allem die LED-Stäbe für dreidimensionale Lightshows auf.

Einmal im Jahr werden die Uhren in Lingen übrigens komplett zurückgestellt. Dann wird im alten Tanzsaal des Gasthauses wie früher zur Classic Night der 80er- und 90er-Jahre gerufen. Bis zu 700 Besucher werden dann gezählt. Der Traditionsevent ist im Emsland beliebt.

 

Text: Klaus Niester

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