Djing muss sich weiterentwickeln: Laidback Luke im Interview
Mit extravaganten Shows und unverwechselbarem House-Sound wurde Laidback Luke einer der bekanntesten DJs weltweit. Nun erfindet sich der niederländische Künstler nicht nur selbst auf der Bühne neu. Gemeinsam mit Reloop hat er auch einen DJ-Controller entwickelt, um seiner Kreativität freien Lauf zu lassen.

disco-magazin: Du bist einer der bekanntesten DJs. Deine Shows sind mehr als nur Musik. Wie passt das künstlerische Konzept deiner aktuellen Tour – CODE/RED – in deine musikalische Gesamtvision?

Laidback Luke: CODE/RED ist die Neuerfindung von Laidback Luke: Ein kühner neuer Look und Sound. Der Gesamtsound ist Bloghouse, wobei er sich speziell an Fidget und frühen Dutch House aus den 2000ern anlehnt. Ich denke, ich habe mich etwa ein Jahrzehnt lang in der Masse verloren, und letztes Jahr war eine Erinnerung daran, zu meinen Wurzeln zurückzukehren. Als ich in dieser Ära anfing, war ich eher am Daft Punk/Justice-Ende des Spektrums. Ich musste dorthin zurückfinden.

disco-magazin: Gewöhnt man sich daran, vor zehntausenden Fans aufzutreten?

Laidback Luke: Interessanterweise spielt die Größe des Publikums für mich keine Rolle! Ich weiß, dass ich in der luxuriösen Position bin, das sagen zu können, nachdem ich auf so großen Bühnen gestanden habe, aber die Wahrheit ist: Ich liebe einfach das DJing. Ob es 10.000 Leute oder 10 sind – was für mich zählt, ist, dass alle tanzen und eine gute Zeit haben. Dass das Publikum und ich uns auf emotionaler Ebene verbinden, durch Klänge, durch Beats – und dass wir alle gemeinsam einen Zustand der Euphorie erreichen.

disco-magazin: Wie motivierst du dich, wenn alle tanzen und feiern wollen, du aber schon bei der vierten Show bist und dich lieber hinsetzen und entspannen willst?

Laidback Luke: Ich denke, es ist wichtig, sich bewusst zu machen, warum man da ist. Ich bin da, um dem Publikum seinen euphorischen Moment zu schenken. Selbst wenn ich total müde bin, trenne ich mich davon, und auf der Bühne werde ich zu Laidback Luke – der Rolle, die das Publikum sehen will. Es erfordert etwas mentale Anstrengung und Konsequenz, diesen Schalter umzulegen, aber solange ich mir bewusst mache, dass ich für diese hart arbeitenden Menschen da bin, die ein Ticket bezahlt und Zeit aufgewendet haben, um mich performen zu sehen, bin ich voll und ganz für sie da.

disco-magazin: Du hast Reloop kontaktiert, um einen kleinen Controller zu entwickeln. Wie fügt sich der „Mixtour Pro“ in deinen Workflow beim Auflegen ein?

Laidback Luke: Es ist mein absolutes Lieblings-Setup! Vier Decks und ein Mixer in einem, und es war mir superwichtig, dass ich damit einfach reisen kann. Solche Controller gab es schon lange mit den Traktor-Controllern. Aber nie mit einem CDJ-artigen Workflow. Weil ich ihn persönlich mit
Reloop entwickeln konnte, enthält er alle meine Wünsche und Anforderungen. Daher passt er perfekt in meinen Workflow beim Auflegen.

disco-magazin: Was kannst du mit dem Controller machen, was bei einem typischen Club-Setup, das die meisten DJs verwenden, nicht möglich ist?

Laidback Luke: Ich denke, ein echter Gamechanger ist die Neural-Mix-Funktion unter den EQ-Reglern. Zum Beispiel die Harmonien mit dem Mitten-EQ nicht nur stummschalten zu können, sondern sie vielleicht auf 15 Prozent zu setzen – das ist großartig. Eine meiner Lieblingsfunktionen ist die „Key Match“-Taste. Wenn ich spontan Mash-ups mache, passt es sich so schnell an, es klingt einfach gut. Am wichtigsten: Es funktioniert mit DJAY PRO, und ich bevorzuge es, das Handy als Gehirn meines Setups zu haben. Leider können viele typische Club-Setups immer noch nicht mit dem leistungsstarken Prozessor im Handy verbunden werden.

Seine Ideen, seine Wünsche: In Kooperation mit Reloop konzipierte Laidback Luke den Controller “Mixtour Pro”

disco-magazin: Als jemand, der tief in die Entwicklung von Equipment involviert ist – wie wichtig sind dir Portabilität und Flexibilität?

Laidback Luke: Für mich ist das alles. Es ist unglaublich, spontan Playlists zu erstellen und Hot-Cue-Punkte in letzter Minute zu programmieren – und alles ist direkt auf dem Smartphone verfügbar. Ich muss keinen Laptop herausholen und dann Playlists übertragen oder so. Manchmal liege ich im Bett und programmiere Hot-Cue-Punkte. Oder sogar in der Warteschlange beim Zoll! Außerdem kann ich buchstäblich überall auflegen. Wenn ich das Gefühl habe, üben zu müssen, kann ich einfach in meinem Hotelzimmer oder sogar in einer Flughafenlounge auflegen.

disco-magazin: Ist das Auflegen mit dem Handy die Zukunft für professionelle DJs oder eher eine Nische?

Laidback Luke: Im Zeitalter der KI, die sich jedes Jahr exponentiell weiterentwickelt – wie soll da irgendeine Hardware mit der nötigen Rechenleistung mithalten? Nehmen wir an, es kommt dieses Jahr neues Equipment heraus – in zwei Jahren ist es schon veraltet. Doch wir bekommen fast jedes Jahr ein neues Handy mit mehr Rechenleistung. Kein DJ-Equipment mit eingebautem Prozessor kann da mithalten. Diese Frage klingt für mich wie: Denkst du, dass Einkaufen auf dem Handy die Zukunft des Einkaufens ist? Oder Meetings über das Handy die Zukunft der Meetings? Oder Banking per Handy? Das sind Dinge, die wir im Alltag selbstverständlich mit dem Handy machen. Warum ist das beim DJing so ein Thema? Wenn dir im Alltag jemand einen USB-Stick mit Verträgen, Fotos oder Dateien gibt – würdest du ihn nicht bitten, dir lieber einen Download-Link zu schicken? Und doch akzeptieren wir im DJing USBs nach wie vor. Das DJing muss sich weiterentwickeln und mit der modernen Technologie Schritt halten.

disco-magazin: Welche Entwicklung beim DJ-Equipment begeistert dich am meisten?

Laidback Luke: Ich denke, Reloop ist in einer sehr guten Position, da sie ausschließlich Hardware herstellen. Es gibt also viele Möglichkeiten, weiterhin mit softwarebasierten Unternehmen zusammenzuarbeiten, um das ultimative DJ-Equipment zu entwickeln, das mit den neuesten Softwareentwicklungen funktioniert. Für den Moment ist es wichtig, Spaß zu haben. Ich sehe einen Bedarf, Retro mit modernen Zeiten zu mischen – etwa mit motorisierten Plattentellern auf Controllern. Ich finde diese Entwicklungen superinteressant. Mit dem Aufkommen neuer Technologie ist es wichtig zu erkennen, dass die Old-School-Art des DJings nicht verschwinden wird. Außerdem wird das Auflegen mit Vinyl oder sogar mit einem Paar „CDJ-1000“ immer für uns da sein, um es zu genießen. Ich sage das, damit wir keine Angst vor neuer Technologie haben müssen, sondern sie genießen, experimentieren und entdecken können, was sie uns bringt.

Im Fokus

Laidback Luke, mit bürgerlichem Namen Lucas Cornelis van Scheppingen, ist ein niederländischer DJ und Musikproduzent, der seit über zwei Jahrzehnten in der internationalen Elektronikmusikszene aktiv ist. Bekannt für seine stilistische Vielseitigkeit, prägte er maßgeblich die Entwicklung der Dance-Musik und setzte neue Maßstäbe in der Interaktion mit seinem Publikum. Neben seiner musikalischen Laufbahn wurde er auch als Kung-Fu-Weltmeister ausgezeichnet. Mit dem Label Mixmash Records, das durch die Sub-Labels Mixmash Deep und Mixmash Bold ergänzt wird, fördert er gezielt Nachwuchskünstler. Mehr unter „www.laidbackluke.com“.

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