Der neue Chef im „TOP 10“ - Im Gespräch mit Dominik Dilger

Dominik Dilger steht an der Spitze des „TOP10“ in Singen, zu dem auch der separat betriebene „Erdbeermund“ gehört. Am 1. September hat der 35-Jährige das Ruder in einer der bekanntesten und erfolgreichsten Großdiscotheken der Republik übernommen. Zugleich hat sich Dirk Bamberger aus der Branche zurückgezogen, bleibt aber Eigentümer des Tanzpalasts. Klaus Niester sprach mit dem neuen Pächter über Vergangenheit und Zukunft.

disco-magazin: Am 1. September hast du als neuer Pächter die Leitung im Singener „TOP10“ übernommen. Was war das für ein Gefühl, die Verantwortung in einem der bekanntesten Tanzpaläste Deutschlands übernommen zu haben?

Dominik Dilger: Es war auf jeden Fall ein herausragendes Gefühl. Allerdings bin ich hier auch nicht komplett frisch drin. Ich bin mir aber der großen Verantwortung bewusst.

disco-magazin: Hast du in der Nacht vor der Übergabe anders geschlafen als sonst?

Dominik Dilger: Meine Tage vor dem 1. September waren sehr stressig, da habe ich wenig Schlaf gehabt, von daher hatte ich gar keine Zeit, mir darüber Gedanken zu machen.

disco-magazin: Du leitest jetzt zwei Betriebe unter einem Dach, das „TOP10“ und den „Erdbeermund“. Gibt es da Unterschiede?

Dominik Dilger: Korrekt, es ist tatsächlich, auch wenn es in einem Haus ist, etwas komplett Unterschiedliches, nicht nur in Bezug auf das ältere Publikum im „Erdbeermund“, sondern auch bei der Stimmung. Die Mitarbeiter sind dort älter, da arbeitet man auch anders zusammen. Für mich ist es schon etwas Neues, beide Clubs zu handeln.

Toptechnik, die beeindruckt: die Main-Area mit LED-Screens und -Stäben

disco-magazin: Wie war denn deine berufliche Entwicklung im ehemaligen Bamberger-Imperium?

Dominik Dilger: Während meiner Ausbildung zum Industrie-Kaufmann ging es mir wie vielen Azubis, dass das Geld trotzdem knapp war, und da habe ich mich entschlossen, mich mit 18 Jahren in Balingen im „TOP10“ zu bewerben. Angefangen habe ich für eineinhalb Jahre als Barkeeper. Der damalige Betriebsleiter Dieter Bogoczek hat damals irgendetwas in mir gesehen und mich gefördert. Das war mein Mentor. Mit ihm habe ich auch heute noch Kontakt, der ist super. Er wollte mich nach kurzer Zeit als Assistenz der Betriebsleitung haben, und nachdem ich meine berufliche Ausbildung abgeschlossen hatte, habe ich dann gesagt, das Nachtleben, die Discothekenbranche, passt einfach viel mehr zu mir. Da habe ich mich dann entschlossen, das Angebot zur Festanstellung als Assistent der Betriebsleitung anzunehmen. So bin ich da reingerutscht, und dann bin ich eigentlich in allen anderen Betrieben von Dirk Bamberger als Urlaubsvertretung gewesen, im „Erdbeermund“ in der Singener Innenstadt, im „Berrys“ in Konstanz sowie in den „TOP10“-Betrieben in Tübingen und Balingen. Ich hatte damals auch schon die Zukunftsaussicht, dass ich Dieter Bogoczek in Balingen ablösen werde, wenn er in Rente geht. Das hatte mir Dirk Bamberger damals angeboten. Den Vater, Gerhard Bamberger, kenne ich natürlich auch noch aus vergangener Zeit. 2014 gab es einen Betriebsleiterwechsel in Konstanz, da habe ich das „Berrys“ in Konstanz übernommen. Ich durfte wunderschöne fünf Jahre in Konstanz arbeiten. Das waren auch wirklich sehr erfolgreiche Jahre, muss man sagen. 2019 gab es wieder einen Betriebsleiterwechsel. Dirk Bamberger hat mir damals angeboten, das „TOP10“ in Singen, quasi das Mutterschiff der Gruppe, zu machen. Das war ja auch das größte Haus gewesen mit den meisten Mitarbeitern und der größten Verantwortung. Dort bin ich seit 2019 tätig.

Das Tor zur Nacht: Die Schlangen vor der Tür zeigen, dass der Tanzpalast nach wie vor angesagt ist.

disco-magazin: Hat sich denn für dich seit dem 1. September etwas verändert?

Dominik Dilger: Ja, es ist schon noch mal mehr Arbeit dazugekommen. Definitiv. Die Zusammenarbeit mit dem Steuerberater und dem Anwalt wegen der Arbeitsverträge usw. hatte vorher alles Dirk Bamberger gemacht. Ich hatte nur geschaut, dass der Betrieb nachts läuft, aber das Backoffice lag nicht in meinen Händen. Dadurch ist jetzt einiges für mich dazugekommen, und ich würde sagen, man lernt jeden Tag etwas Neues. Aber ich kann Dirk Bamberger jederzeit anrufen, und er hilft mir da auch weiter. Das weiß ich sehr zu schätzen. Er hat auch schon aus dem Urlaub in Spanien ein, zwei Mal durchgeklingelt und gefragt, wie das Wochenende so war. Ich möchte mich auf jeden Fall auch bei Dirk Bamberger bedanken. Das ist mir wichtig. Wenn ich mal etwas wissen möchte, kann ich ihn jederzeit anrufen. Wir sind in sehr gutem Kontakt. Für ihn ist es auch nicht so leicht. Vor wenigen Jahren hat er noch fünf Discotheken gehabt, jetzt ist es doch ruhig geworden. Er hat mir schon angekündigt, dass er an einem Abend mal vorbeikommt auf ein Bierchen.

disco-magazin: Was hast du jetzt für Projekte und Pläne? Wohin willst du mit den Betrieben?

Dominik Dilger: Ich will natürlich versuchen, die Gästezahlen zu steigern mit vielen Mottopartys und auch mit externen Veranstaltern zusammenzuarbeiten. Wir bekommen jetzt zum Beispiel auch noch Unterstützung von der Sparkasse für Events. Da will ich unsere komplette Community einbinden, dass wir da alle an einem Strang ziehen.

disco-magazin: Konntest du in den ersten Wochen seit deiner Übernahme in Singen schon eigene Akzente setzen?

Dominik Dilger: Das ist schwierig zu sagen. Die Planungen für den September sind im Juli entstanden. Das wird man erst in den nächsten ein, zwei Monaten anhand der Partys merken.

Innovativ und überraschend: So werden im “TOP 10” Erlebnisse geschaffen, an die sich die Gäste gern erinnern.

disco-magazin: Wie siehst du die Zukunft der Discotheken in Deutschland?

Dominik Dilger: Ich glaube einfach, dass wir in unserem Land gerade in jeder Branche Probleme haben. Das fängt beim Baugewerbe an und geht weiter über die Automobilindustrie. Da bekomme ich einiges mit, weil ich dort damals gelernt hatte. Ich würde das noch nicht einmal so auf die Discotheken projizieren. Klar, die Zahlen sind in der Branche auch von Jahr zu Jahr rückläufig. Aber ich bin fest davon überzeugt, dass sich die Starken am Markt durchsetzen werden – und da zähle ich uns dazu. Uns gibt es jetzt doch schon einige Jahre, und wir haben auch ein Standing in der Branche.

Separat betrieben: Der 2023 in das Gebäude integrierte “Erdbeermund” wird vor allem von etwas älteren Gästen besucht.

disco-magazin: Gibt es da einen Unterschied zwischen „TOP10“ und „Erdbeermund“?

Dominik Dilger: Ja, das merkt man schon. Unser „Erdbeermund“-Publikum ist schon ein bisschen spendabler. Beim jungen Publikum im „TOP10“ spürt man, dass das Geld knapper geworden ist. Wir haben freitags U18-Partys, da merkt man es besonders. Ich habe das Gefühl, dass die Gäste sich die Events tatsächlich aussuchen. Es ist nicht mehr so wie vor zehn, 15 Jahren, dass sie jeden Freitag und Samstag kommen. Sie suchen sich spezielle Veranstaltungen aus.

Mehr Motto-Partys, mehr externe Veranstalter: Dominik Dilger verrät die ersten Steps seines Konzepts für volle Floors.

disco-magazin: Sind Discotheken und Clubs denn heute noch attraktiv für die junge Generation?

Dominik Dilger: Auf jeden Fall. Zu Halloween hatten wir fantastische Nächte, aber mit sehr viel Aufwand.

disco-magazin: Studien zeigen, dass die junge Generation die einsamste unter allen ist. Das ist doch euer Publikum.

Dominik Dilger: Ja, so schaut’s aus. Sie kommen schon noch zu uns, aber nicht mehr in dieser Menge wie früher. Ich denke, dass es vor allem ein Geldproblem ist. Ein Clubbesuch ist nicht so günstig, und dazu gehört auch der Lifestyle der jungen Leute. Viele sind auch auf dem Fitness-Trip, ernähren sich gesund und trinken wenig oder keinen Alkohol. Viele verbinden halt Alkohol mit dem Feiern. Ich bleibe trotzdem optimistisch.

Interview: Klaus Niester

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